GESCHICHTE DER SCHÜTZENGILDE

Rund 70 Jahre ruhte nun der Name und die Idee einer Schützengilde in vagen Erinnerungen und in Archiven. Im November 1961 jedoch entstand in einem Kreis von 37 Männern um Karl Herbrechter die Idee, das Neusser Schützenregiment um ein weiteres Korps zu bereichern. Dieses Vorhaben sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden. Man war vielmehr entschlossen, schon ab dem folgenden Jahr (1962) an den Festzügen aktiv teilzunehmen.

Neben den auf der Hand liegenden Problemen innerhalb des Vereins, sich eine Satzung zu geben, eine attraktive Uniform zu entwerfen und den organisatorischen Rahmen zu schaffen, mussten zur Mitgliedschaft im Neusser Bürger-Schützen-Verein noch etliche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Zunächst war eine Gesellschaft zu ermitteln, deren Tradition wieder aufgenommen werden konnte. Dank der Unterstützung von Joseph Lange, Stadtarchivdirektor a.D., fand man in der im ersten Teil dargestellt „Schützen-Gilde zu Neuß von 1850“ ein solches Korps, welches nach den Regularien des Schützen-Vereins grundsätzlich wieder gegründet werden konnte.

Als größeres Problem erwies es sich sodann, im Neusser Bürger-Schützen-Verein eine ausreichende 2/3 Mehrheit für eine Satzungsänderung zur Aufnahme eines neuen Korps zu erlangen. Diese Mehrheit wurde letztlich im zweiten Anlauf auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 27. Mai 1962 erreicht.

Und so marschierte die neu gegründete Schützengilde 1962 mit 78 Gildisten und 73 Musikern erstmalig über den Markt.

An der Spitze „eines noch kleinen … aber wegen des tadellosen Eindrucks, das es durch seine Haltung und seine festliche Uniform hinterließ, … sehr attraktiven Korps“ (Zitat der NGZ), ritten Karl Herbrechter (+) als Major und 1. Vorsitzender nebst seinem Adjutant Hans Lehmann (+).

Die neue, am Schützenfestsonntag im Quirinus Münster geweihte Korpsfahne schmückte zudem das Bild. Die Gilde wuchs und gedieh in den folgenden Jahren zusehends unter kontinuierlicher Korpsspitze: Auf Karl Herbrechter folgten von 1980 bis 2005 Dr. Dr. Udo Kissenkoetter und seit 2005 Dr. Paul Oldenkott. Adjutant der Gilde war nach Hans Lehmann von 1976 bis 1998 Norbert Kathmann und ist seither Axel Spix.

Der alljährliche gesellschaftliche Höhepunkte des Korps ist neben dem Schützenfest das Korpsfest am 30. April, der „Tanz in den Mai“ nebst Proklamation des neuen Gildekönigs.

Darüber hinaus sind die zweimal im Jahr ausgerichteten Schießtermine, das Frühjahrs- und das Herbstkorpsschießen, feste Bestandteile des Jahreskalenders der Gesellschaft. Im Rahmen des Frühjahrskorpsschießen wird seit 1974 jährlich der Gildekönigermittelt. Dieser ist seitdem höchster Repräsentant des Korps. Erster Gildekönig war im Jahr 1974 Werner I. Sindermann (+), Schauspieler am Rheinischen Landestheater. Höchster Repräsentant aller Neusser Schützen ist alljährlich der Schützenkönig. Aus der Gilde konnten diese Königswürde bisher Alfred Westphal im Jahr 1972/73 (+), Hanno Beykirch im Jahr 1981/82 und Adi Kremer im Jahr 1998/99 erringen. Ihren großzügigen Königsgeschenken ist es zu verdanken, dass die Schützengilde auch heute noch die restaurierten Traditionsfahnen der „Schützen-Gilde von 1850“ über den Markt tragen kann und als Motiv eines Glasfensters im Rathaus der Stadt Neuss verewigt ist.

Stets war und wird es auch in Zukunft Ziel der Gilde bleiben, ein überschaubares Korps zu sein, in dem sich die Mitglieder untereinander noch kennen können. Nur so konnte sich ein über das Tragen der gleichen Uniform hinausgehendes Zusammenhörigkeitsgefühl entwickeln, das die Gilde prägt. Vor diesem Hintergrund haben freundschaftlicher Zusammenhalt der Gildisten, vielfältige Aktivitäten des Korps und die gemeinsame Freude an der Neusser Heimat die Gilde zu einer nicht wegzudenkenden Größe des Neusser Schützenregiments werden lassen.